So gelangt man wieder zurück zum eigentlichen Thema: Wie erhält man diese Art von Bild, das Wald und Tieren gerecht wird? Sicher nicht, in dem man blindlinks durch den Wald rennt und die Kamera maschinengewehrartig auf alles richtet, was sich bewegt. Wenn man den Tieren nahe sein will, muss man auf sie hören und viel von ihnen lernen. Und das gelingt nur durch Ausdauer und Ruhe, nicht von heute auf morgen.
Dazu gehören viele enttäuschende Nicht-Begegnungen und die Kunst, den Auslöser im richtigen Moment zu drücken. Das Ziel muss sein Störungen zu vermeiden, oder zumindest auf ein Minimum zu beschränken. Unter anderem deshalb haben Jäger*innen ihre Hochsitze. Zum einen, weil es eine große Übersicht bietet. Zum anderen, weil das ruhige Sitzen an einem guten Ort bei Tierbeobachtungen weit mehr Erfolg verspricht, als von Lichtung zu Lichtung zu stapfen. Der erste Schritt in einen Waldweg kann nämlich schon der Falsche gewesen sein. Und wenn es nur das Absperren des Rades ist, das Reh 100 Meter weiter bemerkt das sofort und ist über alle Berge, bevor man die Kamera überhaupt ausgepackt hat. Jäger*innen stellen ja auch in nur wenigen Fällen ihren Sitz mitten im Wald auf, denn tun sie das, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass auf dem Fußweg dorthin alle Tiere für den restlichen Tag verscheucht werden. Es schadet also nicht, wenn auch die Fotograf*innen einen Stammplatz haben.
Dass Jägersitze tabu sind, steht außer Frage. Zudem ist die Perspektive von oben herab für Fotos sowieso unpraktisch. Ungefragt darf man sie eh nicht betreten. Auch nicht um dort nur Brotzeit zu machen. Die Verletzungsgefahr darf nicht unterschätzt werden! Der Idealfall also ist – und da dürfen wir uns leider nichts vormachen – der Besuch eines Reviers nach vorheriger Absprache mit einem vielleicht befreundeten Jäger oder Verpächter. Alles andere läuft auf Dauer nur darauf hinaus, sich berechtigt oder unberechtigt Ärger einzuhandeln. Zudem gibt es Tiere, die das ganze Jahr über bejagt werden dürfen. Es könnte also auch scharf geschossen werden, während man mit seiner Kamera irgendwo im Unterholz liegt. Ohne Kenntnis der Jäger*innen könnte das im schlimmsten Falle äußerst gefährlich werden.
Meinen Text möchte ich trotz all der negativen Aspekte, die ich aufgezeigt habe, positiv enden lassen: Eine störungsfreie Wildtierfotografie ist mit Einschränkungen definitiv möglich. Zumindest wenn anerkannt wird, dass alle anderen, also auch die Jäger*innen, auch nur mit Kompromissen arbeiten. Denn egal was der Mensch tut, er macht es selten besser. Wir greifen immer irgendwo ein. Es gilt, sich mit der Natur und den Tieren und deren Verhalten zu beschäftigen. Eine offene Kommunikation ist hier der richtige Weg, das betrifft Jäger*innen, Förster*innen und Fotograf*innen zugleich.