Jetzt könnte man böse behaupten, dass fotografierende Eindringlinge nur Unruhe in die Wälder hineinbringen und Tiere in ihrem sowieso immer kleiner werdenden Rückzugs- und Lebensraum bedrängen. Sie scheuchen Lebewesen auf, locken diese an und dass nur, um ein tolles Bild zu bekommen. So viel zu den Vorurteilen. Doch was davon stimmt?
»Jeder Mensch, der auch nur einen Fuß in den Wald setzt, bringt dadurch irgendwo ein Tier in Bewegung. «
Zunächst muss man festhalten, ohne damit ein bestimmtes Verhalten legitimieren zu wollen, dass der Wald ganz allgemein immer größer werdenden Stress durch uns Menschen ausgesetzt ist. Denn jeder fühlt sich im Recht, seine Freizeit dort zu verbringen. Will man die Pilzsammler*innen davon abhalten, querfeldein zu gehen, um für die eigenen Vorräte zu sammeln? Die waldbadenden Workaholics, die zwischen den Bäumen, auch mal abseits der Wege, dem Alltag entfliehen möchten? Den Waldarbeitenden, die der ihnen aufgetragenen Tätigkeit nachgehen? Den Förster*innen, die Holz aus dem Wald holen, damit mehr heimisches Holz gekauft wird? Oder den Jäger*innen, die der immer beliebter werdenden und vermeintlich notwendigen Jagd nachgehen? Dazu noch die Wandernden, die Läufer*innen, die Vogelkundler*innen und natürlich Kinder, die dort endlich einmal toben können, was ihnen in der Großstadt nicht möglich ist.
Den oder die spezifischen Störenfriede gibt es also folgerichtig nicht. Gleichzeitig muss aber auch berücksichtig werden, dass jeder Mensch, der auch nur einen Fuß in den Wald setzt, egal mit welchen Beweggründen, irgendwo irgendein Tier in Bewegung setzt. So viel Reflexion muss sein. Dabei beziehe ich mich nicht mal zwingend auf die Personen, die rücksichtslos über Pflanzen steigen, über Moos treten und voller Rastlosigkeit einem vorbeihuschenden Tier nachsteigen. So braucht es einen nicht zu wundern, wenn der Wald wie ein verlassener Ort und ohne Leben wirkt.
Wildtiere gewöhnen sich bis zu einem gewissen Grad an ihre Umgebung. Autogeräusche der umliegenden Autobahn sind auf Dauer nichts Neues mehr, Wanderer auf Hauptwegen werden weitestgehend ignoriert und bei Fahrradfahrenden abgewartet, bis sie vorbei sind. Spaziert man jedoch querfeldein, sieht das schon anders aus.
Auf die Nachhaltigkeit kann ich mich nur indirekt berufen. Es gibt keine nachhaltige Naturfotografie, das wäre Unsinn, denn die unmittelbare Umgebung profitiert nicht von den Fotograf*innen. Weder das Gras noch die Tiere. Und doch kann das Tun der Fotograf*innen nachhaltig wirken. Mit Bildern aus der Umgebung präsentiert man eine Welt, die dem normalen Spazierengehenden verborgen bleibt. Bilder können die Bedeutung bzw. den Stellenwert unserer Wälder und Natur um uns herum erhöhen. Ziel ist es also, die Mitmenschen für unseren Wald und die Tierwelt, die es schwerer denn je hat, zu sensibilisieren.
Damit das gelingen kann, dürfen nicht nur wunderschöne, perfekte Aufnahmen präsentiert werden, auf denen, umrahmt von einer malerischen Umgebung, spektakuläre Tiere zu sehen sind. Denn einerseits darf die zunehmende Zerstörung des Lebensraums nicht verschwiegen werden und andererseits kann durch zu viele großformatige Portraits, der Lebensraum nicht gezeigt werden. Der Zuschauende kann das Bild nicht weiter einordnen, es hätte also überall entstehen können.