Kategorie: Rotwild

  • Der Forstenrieder Park, ein zu Hause für Rotwild und Damwild

    Der Forstenrieder Park, ein zu Hause für Rotwild und Damwild

    Ja, ich weiß. Ich muss mich etwas bremsen, ich darf nicht zu euphorisch werden. Denn wo immer große Freude entsteht, kommt bestimmt bald der erste Dämpfer ums Eck. Und auch bei großen Liebesgeschichten werden gerne die kleinen oder größeren Probleme außen vor gelassen. Wir alle kennen sie, die berühmte rosarote Brille. Doch keine Angst, die habe ich längst abgelegt. Wir alle kennen die Probleme unserer Umwelt. Allzu romantisch will ich deswegen auch gar nicht werden. Denn einerseits soll mein Text eine Liebeserklärung sein und andererseits wächst auch zusehends meine Alarmbereitschaft. Wald zu erhalten, das lerne ich mehr und mehr, ist eine große Herausforderung.

    In unmittelbarer Umgebung habe ich zwei Wälder. Da wäre zum einen der Perlacher Forst und auf der anderen Isarseite der Forstenrieder Park. Ich mag den Perlacher Forst, doch die Zerstörung durch Stürme und die im Vergleich zum Forstenrieder Park doch eher jungen Bäume lassen mich stets neidisch über die Isar blicken. Ich verbringe also einen großen Teil meiner fotografischen Aktivitäten im Forstenrieder Park.

    Es war bzw. ist auch eher eine Liebe auf den zweiten Blick. Ich wohne über zwei Jahrzehnte in München und kannte den Wald natürlich. Die ersten Jahre war es aber einfach nur ein Wald ohne besondere Bedeutung für mich. Es war noch die Zeit, wo es mich als jungen Kerl in die Stadt zog, da wo sich das Leben abspielt. Es war aber auch die Zeit, wo der Gärtnerplatz noch keine Rolle gespielt hat. Doch es gab andere Orte, wo junge Menschen gerne waren. Dort wo Trubel herrscht. Jetzt, mit knapp vierzig wandelt sich das gerade enorm. Ich suche mehr und mehr die Ruhe in den Wäldern. Ganz so, wie ich als Junge vom Dorf meine Kindheit und Jugend verbracht habe. Zu dieser Zeit war Wald ein Selbstverständnis, nichts besonderes. Er war halt da. Und Umweltschutz? Kein Thema. Da wurden Waldwege noch mit alten Ziegelsteinen verfüllt, die Gartenabfälle im Gehölz entsorgt und irgendwie tat das jede(r) und niemanden hat es gestört. Heute undenkbar, damals schon ein Unding.

    Viele Jahre später ist es dramatisch anders geworden. Wir werden täglich mit Wörtern wie Klimawandel, Umweltschutz aber vor allem auch mit Themen wie Zerstörung konfrontiert. Für mich sind die Themen oft etwas zu abstrakt, wichtig, keine Frage. Aber manchmal zu weit weg. Wir propagieren 1,5-Grad-Ziele, gleichzeitig ist es uns aber scheinbar unmöglich, die Natur vor der eigenen Haustüre sauber zu halten. Dazu kommt, dass unsere Gesellschaft immer schnelllebiger wird, jedoch der Wunsch nach Rückzug und Erholung steigt. Mit all dem werden unsere Wälder konfrontiert. Denn Erholung muss ja irgendwo stattfinden. Und inmitten dessen geht es noch um die Tiere, die darin leben oder leben müssen. Der Wald wird für sie zum einzigen Rückzugsort, denn der Lebensraum außerhalb wird immer kleiner.

    Der Forstenrieder Park ist so besonders, da dort über Jahrzehnte ein Bestand an Rot- und Damwild gepflegt wird. Der Park ist aber vor allem für die Horden von Schwarzwild, also Wildschweinen, bekannt. Doch wer einmal einen Rothirsch gesehen hat, den lässt der Anblick nicht mehr los. Besonders zur Brunft. Letzten Herbst bin ich besonders häufig die Wege entlang spaziert oder mit dem Rad entlang gefahren. Dazwischen bin ich immer mal wieder stehen geblieben, denn das Röhren der Hirsche klang atemberaubend!

    Am frühen Morgen, wenn der Nebel noch durch die Bäume zieht, es ansonsten still ist, sich weit und breit keine Besucher*innen befinden, dann wartet der Wald alles auf. Dann kann die Natur in seiner ganzen Gewalt erlebt werden. Nur um das Ganze richtig einzuordnen – ich erzähle euch hier von einem Waldgebiet am Stadtrand. Gerade deswegen haben die Erlebnisse dort für mich einen noch größeren Wert. In den Bergen und weg von der Zivilisation ist die Erfahrung vielleicht noch intensiver. Aber wie viele Städte haben ein solches Erlebnis wie hier in München zu bieten?

    Wo sonst kann Schwarzwild am Wegesrand erlebt werden, während Dam- und Rotwild auch mal über Wege spazieren. Gleichzeitig radeln Besucher*innen, hinten auf dem Gepäckträger die Bürotasche aufgespannt, über die Wege. Kein schlechtes Erlebnis zum Feierabend oder?

    Ich sehe viele Menschen, die dann einfach stehen bleiben, ihr Rad abstellen, sich auf eine Bank setzen und einfach nur der Natur lauschen. So ist es richtig. Der Forstenrieder Park ist ein ganz besonderes Habitat. Dies zu erhalten bleibt eine große Herausforderung. Wir alle sind gefordert, zum Erhalt beizutragen. Auf der einen Seite stehen vor allem die bayerischen Staatsforsten in der Verantwortung und auf der anderen Seite wir Besucherinnen und Besucher.

    Wirtschaftliche Interessen werden natürlich nach wie vor abgewogen werden müssen, denn Wald ist in Deutschland auch Lebensunterhalt und wird Erträge bringen müssen. Die Illusion von gänzlich unberührter Natur mache ich mir gar nicht. Aber es muss ungestörten Raum für Tiere geben und wirtschaftliche Interessen dürfen nicht überwiegen. Nicht zuletzt wurden dafür in der Vergangenheit auch zwei Wildruhezonen eingerichtet, in denen auch der Jagdbetrieb ruht. Ich will ehrlich sein, außerhalb der Wildruhezonen frustriert mich unheimlich, wenn ich die großen, in den Wald hinein geschnittenen Schneisen sehe. Irgendwie müssen natürlich die Bäume herausgeholt werden. Aber da bin ich Laie und will damit nur meine Beobachtung anmerken.

    Der Park wird nie sich selbst überlassen werden, Bäume werden stets ein Wirtschaftsfaktor bleiben und der Konflikt von Mensch und Tier bleibt allgegenwärtig. Wichtig ist, dass die handelnden Personen die richtigen Interessen vertreten. Hier müssen wir alle zusammenarbeiten, dass der Wald seine Besonderheit nicht verliert. Dazu zählt im Kleinen den Müll zu Hause zu lassen und das Betreten des Waldes abseits von Wegen so gut es geht zu vermeiden.

    Und auf der anderen Seite appelliere ich an die Staatsforsten, die alleinige Schuld für Verbissschäden nicht den Tieren zu geben. Jäger und Jägerinnen kennen ihre Verantwortung, besonders sorgsam mit dem Leben im Wald umzugehen und es zu erhalten. Wir Fotograf*innen müssen auf der anderen Seite den Wald so präsentieren, wie er ist. Nichts beschönigen, die großartige Natur zeigen, aber die Bilder mehr in den richtigen Kontext setzen. Auch wir können zum Erhalt beitragen, selbst wenn unsere Rolle nur in der Öffentlichkeitsarbeit liegt. Aber wir müssen Verantwortung übernehmen und dürfen nicht weiter nur im Verborgenen leben.

    Ihr seht also schon, die Liebe hängt am seidenen Faden. Nichts ist selbstverständlich und nichts kommt von ungefähr. Für den Erhalt muss weiter viel getan werden, damit der Schatz vor unserer Haustür erhalten bleibt. Bitte helft alle mit!

  • Die Brunft der Rothirsche: Rotwild fotografiert in München

    Die Brunft der Rothirsche: Rotwild fotografiert in München

    Zu Beginn der Hirschbrunft wird mir immer bewusst, wie schnell wieder ein Jahr vergangen ist. Ich kann mich noch genau an den ersten Schnee dieses Jahres erinnern, denke an die schönen Frühlingstage und Sommeransitze an der Isar, um Eisvögel zu beobachten. Und plötzlich ist er da, der Herbst. Für uns WildtierfotografInnen ist der September wie für andere Silvester. Ein Fest und in unserer Zeitrechnung der Höhepunkt des Jahres. Wie es sich gehört, haben auch wir gute Vorsätze. Dazu zählt im kommenden Jahr das beste Bild aller Zeiten zu schaffen. Das wollen wir, das will ich immer wieder. Der Moment, wo ich auf den Auslöser drücke, das ist wie die Überquerung der Ziellinie. Für dieses Ziel habe ich das ganze Jahr über hingearbeitet und bringe nun all meine Erfahrung ein. Ich schaffe ein Werk, ich drücke nicht einfach nur ab. Ich will etwas schaffen. Etwas, was in Erinnerung bleibt. 

    Gleichwohl, das merke ich immer wieder, ist Fotografieren nicht das Wichtigste. Selbst wenn das Foto Lohn meiner Arbeit ist, geht es doch im Großen und Ganzen einzig und allein um die Tiere in ihrem Habitat. Ich bin Gast in deren zu Hause, für wenige Tage im Jahr. Ich darf mich reinschleichen, mich verantwortungsvoll verhalten und muss mir in Erinnerung rufen, was ich über die Tiere gelernt habe. Die besten Fotos entstehen nur, wenn alles passt und ich in Ruhe bin, den Tieren und der Natur Raum gebe. Ich muss für sie unsichtbar sein. Genau das muss im Vordergrund stehen.

    Ich muss für das Rotwild unsichtbar sein

    Die Momente inmitten von grünem Gras, umringt von Bäumen, muss immer wichtiger sein als der Ausdruck auf Papier. Und doch ist Letzteres auch etwas wie meine Trophäe. Aber nein, das ist nicht der richtige Begriff. Ich hänge keine toten Tiere an die Wand. Denn wenn ich meine Fotos betrachte, leben die Tiere in den Momenten weiter und bei jedem Bild, weiß ich, wo ich stand. Ich weiß, welches Wetter und wie der Geruch des Grases war. Vielleicht, gerade während ich das Bild betrachte, liegt der Hirsch zwischen den Bäumen im hohen Gras und erinnert sich vielleicht ebenfalls an eine besondere Begebenheit. Daran will ich glauben.

    Und trotzdem ist ein gelungenes Foto natürlich ein Lohn für die Arbeit der vergangenen Wochen. Ich investiere für alle meine Fotos unglaublich viel Zeit. So viel, wie es mit einem glücklichen Familienleben vereinbar ist. Für mich gehört mittlerweile nach einem gelungenen Morgen im Wald das Frühstück mit meiner Frau und meinem Sohn als festes Ritual dazu.  Wir alle haben irgendwelche Lieblingsorte, die Tiere wie wir Menschen und vor allem Ersteren sollten wir das umso mehr zugesehen.

    Ein Grund, warum ich fotografiere, ist auch, um zu dokumentieren. Die Menschen sollen wissen, welch wunderbare Artenvielfalt wir in unserer Umgebung haben und andererseits erfahren, wie fragil alles ist. Ich habe so viele Begegnungen mit Menschen, die sich überhaupt nicht vorstellen konnten, dass so majestätische Tiere wie ein Rothirsch in naher Umgebung leben. Einerseits ist es gut und doch wieder nicht, denn was unsichtbar ist, wird nicht beschützt. Bis zu einem gewissen Grad ist es doch so, nicht wahr?

    Dies Jahr gab es einige Momente, die nicht zu fotografieren waren, aber in Erinnerung bleiben. Sie haben sich tief in mir eingebrannt und gesellen sich zu denen der vergangenen Jahre hinzu. Dazu zählt die Erinnerung an den Nebel am Morgen, der früh über den Wiesen liegt. Die aufklarende Dämmerung, die ersten Sonnenstrahlen und das Rufen der Tiere aus allen Himmelsrichtungen. Und mittlerweile, nicht selten, bin auch ich in Gesellschaft unterwegs. Ich bin nicht mehr nur der einsame Fotograf in der Tiefe des Waldes. Ja, das bin ich immer noch gerne. Aber die Fotografie hat mich großartige Menschen kennenlernen lassen und wir teilen Momente, die nie vergessen werden.